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Beziehungsstress Wegen Corona?

Warum es jetzt so oft krachen wird in Beziehungen – und was ihr dagegen unternehmen könnt.

In Pandemie-Zeiten sitzen Familie und Paare auf engem Raum zusammen. Das Zuhause wird zum Arbeitsplatz, zur Schule, zum Lebensmittelpunkt. Viel Zeit, aber wenig Platz – und eine Menge Angst, wie es weiter gehen wird. Die Frage ist weniger, ob es krachen wird, sondern eher wann.

Sichere Bindung wird im Streit unsicher

Die moderne Bindungsforschung geht davon aus, dass eine sichere Bindung der Wunsch eines jeden Menschen ist. Wir fragen uns permanent in einer Beziehung:

  • Bist du für mich da?
  • Bist du erreichbar für mich?
  • Hörst du mich?
  • Nimmst du mich wahr?
  • Bin ich wichtig für dich?

Bei einem Streit, ganz unabhängig vom Thema, werden Furcht und manchmal sogar Panik aktiviert. Die sichere Bindung wirkt dann plötzlich unsicher und bedrohlich. Das sind typische Ängste in diesem Moment:

  • Ich werde dich furchtbar enttäuschen
  • Ich bin deiner Liebe nicht wert
  • Ich habe dich nicht verdient
  • Du wirst nicht da sein für mich, wenn ich dich brauche
  • Du wirst irgendwann genug von mir haben
  • Du wirst mich irgendwann verlassen

Liebespartner sind einander sowohl sicherer Hafen als auch sichere Basis. In Krisensituationen beschäftigen deshalb Paare immer wieder diese Fragen: „Auf welche Weise unterstützt mich mein Partner? Wie tröstet er mich, wie ermutig er mich?“ Wer kleine Kinder hat, kennt diese Fragen gut. Und tatsächlich wiederholen sich in Liebesbeziehungen die Dynamiken von früher – wenn man denn genau hinschauen möchte.

Die Angst vor Verlust der Bindung eskaliert den Streit

Wenn wir fürchten die Bindung zu verlieren, ziehen wir uns also entweder zurück, um bloß nichts falsch zu machen und womöglich die Distanz zu vergrößern – oder wir bemühen uns beim Partner umso dringlicher nach Nähe, wollen uns seine Liebe verdienen und fordern Bindung ein. Damit beginnt ein extrem unglücklich machender und anstrengender Zyklus.

Gewinnen wir den Eindruck, unser Partner würde sich uns entziehen, uns aus seinem Leben ausschließen, entsteht Beziehungsstress, wir bekommen Angst, vielleicht sogar Panik und dann reagieren wir mit einem – sehr überschaubaren – evolutionärem Repertoire an Verhaltensweisen: Angriff, Flucht oder Schockstarre. Und zwar VOR einer Analyse von Fakten und Erfahrungen, instinktiv, könnte man sagen.

Verstärkt wird der Eindruck, wenn die Situation und das Umfeld bereits Sorgen bereitet und Angst macht. Dann ist bereits alles auf Alarmbereitschaft, hört noch genauer hin, weil alle Gedanken bereits den Körper auf etwas Schlimmes und Bedrohliches vorbereiten.

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Angst wirkt von Außen und von Innen auf die Beziehung

Als wäre das nicht genug, sind Paare und Familien nun aufgrund einer Krisensituation, die ängstigt, auf engem Raum zusammen. Und mehr oder minder eingeschlossen. Wenn Flucht unmöglich erscheint, dann bleiben nur noch der Gegenangriff und die Starre als Konfliktstrategien, wenn man sich bedroht fühlt.

Was der Gegenangriff ausrichtet, ist völlig klar: ein Streit eskaliert. Argumente fruchten nicht, weil es um Sachthemen längst nicht mehr geht, die Emotionen steuern die Auseinandersetzung. Irgendwann wissen die Partner nicht mehr weiter. Vielleicht verstummt einer, vielleicht beschimpft der eine den anderen und wertet ihn ab.

Beide Reaktionen lösen in diesem Moment dasselbe aus: Angst. Dein Partner hat dich in einer Situation, in der er ganz dringend etwas von dir benötigte, nämlich die Bindung zu dir, dein Verständnis, deine Unterstützung, als nicht mehr erreichbar erlebt. Ganz unabhängig vom Sachthema ging es ausschließlich um emotionale Nähe: “Sei für mich da, verlass mich nicht, steh zu mir!” Jeder Streit, jedes Abwenden, sagt jedoch: „Nein!“

Warum? Es gibt zahlreiche Studien zu diesem Thema, Sue Johnson, Erfinderin der Emotionsfokussierten Paartherapie, bricht diese auf wenige Faktoren herunter. Kurz nach solchen Streits befragt, was in ihnen vorging, antworten die abwertenden oder sich abschottenden Partner vor allem: „Jedes Wort, das ich noch gesagt hätte, hätte es schlimmer gemacht.“ „In dieser Situation kann ich sowieso nichts richtig machen.“ „Ich kann meinen Partner nur enttäuschen.“

Fatale Dynamik aus Forderung und Rückzug

Was genau tun dann die Partner, die Angst um die Verbindung haben? Sie erhöhen den Druck. Sie haken nach. Sie bohren. Weil sie sich gar nicht anders zu helfen wissen. Und die Beziehungskrise nimmt ihren Lauf. Sie erklären das so: „Ich muss lauter werden, damit mein Partner mich hört.“ „Wenn ich nicht festhalte, flüchtet er vor mir.“ „Ich fühle mich so hilflos, was soll ich sonst machen?“

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So entsteht eine Dynamik, die sich gegenseitig befeuert. Ein Partner fordert, der andere zieht sich immer zurück. Aus diesem Kreislauf gibt es keinen Ausweg, wenn die Partner nicht beide bereit sind, ihn zu durchbrechen. Emotional aufgewühlt ist das aber sehr unwahrscheinlich, weil beide von der Furcht allein gelassen oder missverstanden oder zurückgestoßen zu werden getrieben werden. Und nochmals: Der Wunsch nach Bindung ist einer der stärksten Antriebe, die wir Menschen kennen. Kappt vermeintlich ein Partner, von dem wir uns Liebe und Nähe erhoffen und auch erwarten, diese Verbindung, geraten wir in Panik.

Furcht sorgt für Aggressivität, für Verletzungen, nicht bewusst, sondern weil Furcht eben IMMER zu instinktiven Reaktionen führt. Sobald du etwas machst, was in deinem Partner Angst auslöst, wird er nicht mehr ERST denken und DANN handeln können, sondern er wird zurückpoltern, sich verteidigen, abwerten … was auch immer die Verhaltensweise ist, die er sich in seinem Leben durch seine früheren Beziehungs- und Bindungserfahrungen bis dahin angeeignet hat als Schutzstrategie. Und du wirst darauf mit deiner Schutzstrategie reagieren.

In der Emotionsfokussierten Paartherapie heißt diese Dynamik der Tanz. Und um den Tanz zu verändern, muss man die Musik wechseln.

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Was lässt sich gegen den Beziehungsstress tun?

Wenn beide Partner verstehen, in welcher Dynamik sie gerade gefangen sind, dann genügt es bereits, wenn einer von ihnen den „Tanz“ abbricht und die „rote Karte“ zieht: „Stop! Wir sind gerade wieder mittendrin. Lass uns das jetzt abbrechen, bevor wir uns ungewollt verletzen!“

Damit wird für beide Partner klar: Es geht längst nicht mehr um Argumente oder Sachthemen, sondern es geht nur um die Emotionen darunter. Die Dynamik wird als Grund benannt, der zur Distanz führt, nicht der einzelne Partner oder sein Verhalten. Es braucht keine Schuldzuweisungen und damit wird Kritik auch nicht mehr als Angriff gewertet, der eine Gegenreaktion auslösen würde.

Stärkt eure emotionale Verbindung!

So entsteht wieder Engagement und Commitment für die Beziehung und den Partner. Der “Tanz” bekommt eine neue Musik.

Das Hindernis dabei: Lange, viel zu lange, wurde Paaren auch in der Paartherapie erklärt: „Wechseln Sie auf die Sachebene in einem Streit. Lassen Sie Ihre Emotionen weg. Die haben in der Auseinandersetzung nichts zu suchen.“ Schon als Kindern wird uns gesagt, Emotionen dürften wir nicht zeigen. Welch ein hahnebüchener Unsinn! Es geht in Paarkonflikten und bei gestörter Paarkommunikation ausschließlich um Emotionen, nämlich nahezu immer um die Angst, die Bindung zu verlieren.

Haltet einander fest!

Versichert euch, dass ihr füreinander da seid. „Ich halte dich fest. Ich bin für dich da. Ich bleibe bei dir. Ich nehme deine Angst ernst.“

Heilt eure Verletzungen, bittet um Entschuldigung, übernehmt Verantwortung: „Es tut mir leid, dass ich so unhöflich / so grob / so gedankenlos / so egoistisch / so respektlos zu dir war.“

Kündigt eine Veränderung an: „Ich dachte, ich werde künftig besser das so machen …. – Wäre das für dich okay?“

Denkt immer daran: Eine Entschuldigung kommt ohne das Wort „aber“ aus. Sobald ihr an eure Entschuldigung eine Verteidigung anhängt, ruft ihr nämlich automatisch einen der vier Apokalyptischen Reiter der Paarkommunikation aufs Schlachtfeld: Die Verteidigung. Die sorgt dafür, dass sich dein Partner für nicht ernst genommen fühlt. „Es tut mir leid, aber …“, solltest du aus deinem Wortschatz streichen. Wenn du dich so entschuldigst, kannst du es gleich lassen. Dein Gegenüber wird nur das „Aber“ hören und es ist nichts gewonnen.

Lasst euch von der Angst nicht treiben!

Ihr würdet eurem verängstigten Kind niemals ernsthaft sagen: “Stell dich nicht so an! Geh weg, komm wieder, wenn du keine Angst mehr hast!” Ebensowenig solltet ihr das zu eurem Partner sagen. Denn ganz besonders, wenn er als Kind solche Sätze hören musste, weil die Erziehungsmethoden damals derart waren, dann werdet ihr damit nur seine Ängste verstärken und ganz alte Schutzstrategien triggern, die euch nicht weiterbringen.

Teilt eure Ängste, tut nicht so, als wären diese schlecht und müssten unterdrückt werden. Dadurch gehen sie nicht weg. Öffnet euch und stärkt dadurch eure Verbindung, damit sie euch hilft, durch schreckliche Zeiten gemeinsam zu kommen.

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Eric Hegmann ist Paartherapeut, Single-Coach und Autor. Er hat über ein Dutzend Bücher zu Liebe, Partnerschaft und Partnersuche veröffentlicht. Er ist Co-Gründer der Modern Love School .

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