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Immer mehr Menschen wollen sich nicht festlegen, sie haben regelrecht Angst davor verbindlich zu sein. Diese Commitment Phobie ist eine Form von Bindungsangst. Woran lassen sich Commitment Phobiker erkennen?

Was ist eine Commitment Phobie?

Commitment Phobie oder CoPho hat ihre Wurzeln in Bindungsangst. Nach der Bindungstheorie von John Bowley wird der Grundstein zu Bindungsangst in früher Kindheit geprägt, wenn das Kleinkind im Umgang mit seinen Eltern oder Bezugspersonen „lernt“, dass es besser für es ist sich nicht auf andere zu verlassen, sondern Selbstbestimmung und Autonomie jeder Beziehung vorzieht. Solche Menschen fürchten Bindung, weil in ihrer Wahrnehmung in einer Partnerschaft durch das Verschmelzen mit der geliebten Person die Aufgabe des eigenen Ichs droht. Commitment Phobie lässt die Betroffenen zahlreiche Schutzstrategien entwickeln, um dies zu verhindern.

Die Angst vor Nähe – um nicht erneut verletzt zu werden

Warum entwickeln Menschen Angst vor Verbindlichkeit oder Angst vor Nähe, wo doch Bindung unverzichtbar ist? Babys können ohne die Hilfe und die Bindung zu ihren Eltern nicht überleben. So lernen wir bereits mit dem ersten Tag, dass wir auf andere angewiesen sind und dass es Strategien gibt, Bindung zu halten – und dass manche Verhaltensweisen dazu führen, dass diese Verbindung aufgelöst wird.

Verlassen werden fühlt sich für Menschen entsetzlich endgültig an. Das liegt an unserem evolutionären Erbe. Als unsere Vorfahren noch nicht sesshaft waren und in Gruppen die Steppen durchstreiften war das Zurücklassen eines Stammesmitglieds dessen sicherer Tod. Deshalb erleben heute noch so viele Menschen eine Trennung traumatisch und leiden unter Posttraumatischen Belastungsstörungen.

Bindungsangst kann als Versuch verstanden werden Trennungsschmerz zu verhindern – indem von vornherein Nähe und Bindung nicht zugelassen werden. Die sich daraus entwickelnden Schutzstrategien sind jedoch meist unbewusst. Die Betroffenen fühlen sich häufig ganz und gar nicht bindungsängstlich, sondern im Gegenteil erleben sich als Personen, die unbedingt Nähe und Verbindung suchen – es klappt nur irgendwie nicht.

Bindungsangst zeigt sich – nicht nur – in einem großen Bedürfnis nach Distanz, in Unverbindlichkeit und Kontakten, die selten länger als sechs Wochen bis drei Monate dauern. Spätestens dann überwiegt die Angst vor Nähe dem Bedürfnis nach Bindung – und lässt dann zwei Menschen mit gebrochenem Herzen zurück.

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Verhaltensweisen, an denen Commitment Phobie zu erkennen ist

Ihre früheren Beziehungsversuche scheiterten immer in den ersten drei Monaten

Länger als 6 bis 12 Wochen dauert ihre Kennenlernphase nicht. Anfangs sind die CoPhos vom neuen Kontakt geradezu beflügelt, sie investieren Zeit und Gefühle, sie schmieden sogar gemeinsame Zukunftspläne, sie wirken euphorisch – das wirkt manchmal wie Love Bombing: sie geben alles und es scheint zu gut, um wahr zu sein. Spoiler: Das ist es auch. Denn mit der zunehmenden Vertrautheit wächst langsam die Furcht vor der gehassten Fremdbestimmung, wenn der neue Partner beginnt (berechtigte) Forderungen zu stellen.

Sie sind sexuell aktiv, haben oft mehr als einen Kontakt parallel

Viele Commitment Phobiker nutzen als Schutzstrategie, um nicht verschmelzen zu müssen mit einer Person, den Trick zwei oder mehrere Personen gleichzeitig zu daten. In ihrer Wahrnehmung ist das jedoch meist nicht der bewusste Trick, damit zu verhindern sich ganz und gar auf eine Person einlassen, nein, sie erleben dies eher als Problem sich zu entscheiden. Sie sagen: Ich liebe beide. In Wirklichkeit sind sie in beide verliebt, weil sie aus Erfahrung wissen, dann wird aus keinem Kontakt eine Beziehung.

Verbindliche Verabredungen meiden sie erfolgreich

Ihre Sprache wird geprägt durch Einschränkungen: vielleicht, möglicherweise, wahrscheinlich u.v.m. Nach einem tollen Date oder einer wunderbaren Nacht verabschieden sie sich ohne Ankündigung einer Fortsetzung. Je inniger das gemeinsame Erlebnis, umso vager die Aussicht auf eine Wiederholung. Denn nach so viel Nähe benötigen sie dringend Distanz. CoPhos sind diejenigen, auf deren Textnachricht man nach dem gelungenen Date Tagelang warten muss.

Ihre Beziehungen waren im Nachhinein für sie nur lose Kontakte

Ein Blick in die Ex-Files von Commitment Phobikern verrät schnell: Gebrochene Herzen pflastern ihren Weg. Die Ex-Partner eint, dass sie das, was die CoPhos als „loses Kennenlernen“ bezeichnen, als tiefe und innige Verbindung erlebt haben. Ihnen schienen die Bemühungen durchaus verbindlich, eine Folge der überbordenden Love Bombing-Verhaltensweisen.

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Sie brauchen viel Anerkennung

CoPhos sind bindungsängstlich wegen ihrer schlechten und schmerzhaften Erfahrungen, die Nähe mit sich bringen kann. Diesen verletzten Selbstwert versuchen sie zu heilen durch Bewunderung und Anerkennung von anderen. Deshalb wissen sie genau, wie sie diese erhalten können – das ist seit der frühen Kindheit erlernt und hat sich als (für sie) hilfreich erwiesen. Sie verhalten sich deshalb so, dass sie diese Anerkennung verdienen: sie sind eloquent, sie sind charmant, sie sind großartige Liebhaber, sie sind großzügig – sie sind eine glatte 10. Bis sie erkennen, dass ihre Partner Nähe benötigen – und sie die Flucht antreten.

Ihre Spontanität macht sie unvorhersehbar

Weshalb sich so viele Menschen in Commitment Phobiker verlieben: weil sie vor originellen Ideen nur so sprühen. (Sie wissen schließlich, dass sie damit überzeugen können.) Die tollsten Date-Ideen stammen von Bindungsängstlichen. Sie wollen Anerkennung und die wissen sie, zu bekommen. Der Überraschungseffekt unterstützt dabei, dass sich ihre Kontakte mitreißen lassen und sich verlieben. Der fiese Nebeneffekt: im Voraus geplante Dinge sind keine Überraschungen mehr. Ihre Kontakte sitzen immer noch ganz beseelt von letzten Date – aber haben gleichzeitig keine Idee, wann (oder ob) es ein weiteres geben wird.

Sie weigern sich einen Beziehungsstatus zu benennen

Meist nach sechs bis zwölf Wochen in der Kennenlernphase folgt das berühmte Gespräch: „Was machen wir hier eigentlich?“ (Kein Zufall, dass die „Beziehungen“ von CoPhos genau dann scheitern …) Der neue Kontakt will jetzt wissen, woran er ist. Denn das hat er bereits schmerzhaft mitbekommen müssen: einerseits ist es wunderbar, wenn man zusammen ist, andererseits ist es unerträglich, völlig im Unklaren gelassen zu werden, wann man denn erneut zusammen sein wird. Doch weil dieses Gespräch und die Festlegung auf eine Beziehungsform – und sei es nur Freundschaft Plus – die Bindungsangst so richtig einkicken lässt, ist die Beziehung damit auch meist beendet und die Folge ist Distanz, häufig auch Ghosting.

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Wenn du an einen Commitment Phobiker gerätst:

Bist du selbst ein Mensch, der sich – auch unbewusst – vor Nähe fürchtet, dann werdet ihr eine schöne Zeit miteinander verbringen und irgendwann ohne Drama auseinander gehen. Ihr werdet euch vielleicht sagen: „Das Timing passte nicht.“ Oder ihr habt euch für einen anderen Kontakt entschieden, den ihr parallel gedatet habt und der euch mehr Anerkennung durch seine Bemühungen gab. Möglich, dass ihr euch auch Jahre später noch fragt, warum es mit euch nicht geklappt hat. Möglich, dass ihr es immer wieder miteinander versucht. Vielleicht entwickelst du sogar Strategien, um ihn von dir und deiner Liebe zu überzeugen. Das widerspricht nur scheinbar deiner eigenen Bindungsangst. Denn weil du genau weißt, dass der andere unerreichbar ist und sich zurückziehen wird, sobald du ihm zu nahe kommst, kannst du dich um ihn bemühen, ohne dass der Commitment Phobiker in dir „geweckt“ wird. Es wird ja nie wirklich Nähe entstehen, also kannst du ohne Furcht alles geben.

Bist du selbst ein Mensch, der sich Nähe wünscht und auf Nähe-Distanz-Spiele keine Lust hast, dann wirst du rasch einsehen, dass sich deine Bedürfnisse mit einem unverbindlichen Menschen nicht erfüllen lassen. Je stabiler dein Selbstwert ist, umso früher wird der dir sagen: „Das hin und her brauche ich nicht, da bleibe ich dabei auf der Strecke.“ Und gehen. Die Gefahr besteht jedoch, wenn dein CoPho so richtig toll und großartig erschien, dass du dennoch beginnst, um nicht erneut verletzt zu werden beim nächsten Kontakt, selbst einige seiner Verhaltensweisen als Schutzstrategien übernimmst – und dadurch die eigene Partnerwahl sabotierst.

Über den Umgang mit Bindungsängstlichen und Commitment Phobikern:

Ziehe Grenzen: Wenn du lange hingehalten wirst, wenn dein Kontakt nie konkret wird und sich nicht zu dir und eurer Beziehung bekennt: Geh! Dir wird es niemals gelingen, die Bindungsangst deines Kontaktes durch besonders liebevolles Verständnis zu verändern. Im Gegenteil. Du bestätigst sogar seine Schutzstrategien. Denn je näher er dich lässt, umso mehr Abstand wird er von dir danach benötigen.

Vermeide Nähe-Distanz-Spielchen: Viele Menschen spielen mit und geben vor, sie würden „so viel Nähe ja auch nicht brauchen“ – und leiden, während sie so tun, als sei alles in Ordnung in der Hoffnung, dass der andere sich doch „richtig“ verlieben würde. Hör auf damit, denn du schadest dir und deinem Bindungsverhalten auf Dauer!

Keine Überromantisierung, keine Disneyfizierung der Liebe: Solche Nähe-Distanz-Dynamiken scheinen durch ihre extreme Emotionalität besonders wertvoll zu sein. In Filmen, in Serien, in Büchern, in Songs. Weil dadurch die Dramaturgie spannend wird, denn eine normale Beziehung schafft es nie in die Charts. Doch gescriptete Realität ist eben nicht die Wirklichkeit. Sie will nur Träume verkaufen, mit denen vorgeblich das Leid gelindert wird, das dir genau diese Träume verschafft haben.

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Eric Hegmann ist Paartherapeut, Single-Coach und Autor. Er hat über ein Dutzend Bücher zu Liebe, Partnerschaft und Partnersuche veröffentlicht. Er ist Co-Gründer der Modern Love School .

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